Touristische Entwicklung in Madagaskar

Nach den politischen Unruhen im Jahre 2002 erholt sich der touristische Privatsektor langsam zunehmend. Trotzdem kann das madagassische Tourismuspotential als enorm bewertet werden. Madagaskar bietet die ausgezeichnete Möglichkeit im überfüllten Tourismusmarkt fast unberührt zu sein, da die touristische Entwicklung noch in den Kinderschuhen steckt und so bisher grobe touristische Entwicklungsfehler vermieden worden sind.

Auf ausdrücklichen Wunsch des Präsidenten Marc Ravolamanana wurde im Jahr 2003 mit der Erstellung eines touristischen Masterplanes für Madagaskar durch die in München ansässige Gato AG begonnen. Dieser Masterplan wurde im Rahmen eines Workshops im April 2005 durch das Ministerium für Kultur und Tourismus, den öffentlichen Tourismusinstitutionen wie dem Office National du Tourisme (ONTM) und dem touristischen Privatsektor endgültig genehmigt. Er dient damit in Zukunft als Grundlage der touristischen Entwicklung Madagaskars. Der erarbeitete Masterplan gibt eine klare Orientierung wie Madagaskar in eine wettbewerbsfähige Tourismusdestination von internationaler Bedeutung transformiert werden kann. Basierend auf der Grundlage von kurzen, mittleren und langfristigen identifizierten Maßnahmen (sog. Priority Action Programmen), wird der Tourismus in einer nachhaltigen Art und Weise entwickelt, bei der auch die lokale Bevölkerung partizipiert. Zum Beispiel soll langfristig neben einer Erhöhung des Lebensstandards auch der Bildungsstandard angehoben werden. Die Basis für eine langfristige und erfolgreiche touristische Entwicklung bietet Madagaskars außergewöhnliche Artenvielfalt und Kultur, die als sein Kapital bezeichnet werden kann. Diese zu erhalten ist von höchster Priorität!

Der Masterplan identifiziert zahlreiche Möglichkeiten um die derzeitigen teilweise unvorteilhaften Bedingungen wie Erreichbarkeit, Infrastruktur und Beherbergungsmöglichkeiten in vorteilhafte Bedingungen zu verwandeln. Das Hauptziel für Madagaskar liegt darin, den Tourismus als eine der führenden Industrien zu entwickeln, um Arbeitsplätze und Einkommen zu schaffen und der madagassischen Bevölkerung substantielle Vorteile zu garantieren. Madagaskar ist derzeit aus ökonomischen Gründen nicht in der Lage hohe Summen in die touristische Entwicklung zu investieren. Daher werden die notwendigen touristischen Entwicklungen im Rahmen eines sog. Priority Actions Programmes in kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen unterteilt. Die Entwicklung wird dabei ausgehend von einzelnen Standorten (z.B. Küstenort) zu Achsen verdichtet (z.B. Küstenabschnitt), um von dort die Entwicklung einer gesamten Region zu betreiben.
Ziel der Tourismusentwicklung sind Tourismusprodukte, die einen geringen negativen Einfluss, aber hohe Ausgaben durch den Touristen ergeben. Dabei ist eine Ausrichtung auf den Massenreisemarkt als auch auf den Pauschalreisemarkt zu vermeiden. Des Weiteren ist die Qualität, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der bereits existierenden touristischen Produkte und Serviceleistungen zu verbessern und ein höheres Preis-Leistungs-Verhältnis zu forcieren.

Bezüglich des zukünftigen touristischen Wachstums schlägt der Masterplan zwei Szenarien vor: ein konservatives und ein optimistisches. Aufgrund der derzeitigen Situation in Madagaskar und angeregt durch weltweite Publicity des gleichnamigen Zeichentrickfilms von Steven Spielberg, wird das optimistische Szenario angenommen. Basierend auf den im Masterplan vorgeschlagenen Schritten, wird damit gerechnet, daß im Jahr 2014 ca. 620.000 Touristen jährlich Madagaskar besuchen. Dafür werden ca. 800 neue Hotels nach internationalem Standard benötigt, überwiegend im drei- bis vier-Sterne-Segment. Neben den Hotels wird das Aufkommen der Flugzeuglandungen auf acht bis neun Landungen pro Tag erhöht. Dies erfordert nicht nur außerordentliche Bemühungen des Privatsektors, sondern ebenso große und substantielle Anstrengungen des öffentlichen Sektors, Erhöhung des Arbeitskräfteangebotes und eine deutliche Verbesserung des Investitionsklimas. Voraussetzungen für die genannten Punkte sind u.a. auch sehr engagierte Investitionen internationaler Geldgeber und ein starkes Wachstum der madagassischen Wirtschaft (jährliches Durchschnittswachstum zwischen 10-15%). Aufgrund dieser Bedingungen können jährliche Einnahmen bis zu EUR 930 Millionen erzielt werden. Weitere Einnahmen ergeben sich durch die sog. „Vignette touristique“ und Steuererhebungen, die für touristische Betriebe auf 15% abgesenkt werden sollen.

Madagaskar’s zukünftige Tourimusprodukte
Madagaskar ist attraktiv für junge, geistig-offene Abenteurer, erfahrene Reisende mittleren Alters und des 50 plus Marktes. Neben Frankreich sind die deutsch-sprachigen Länder und Italien die größten Quellmärkte für die zukünftige Tourismusentwicklung. Hinsichtlich der Produkte bieten die boomenden touristischen Spezialmärkte, wie z.B. Rundreisen, Kultur & Landschaft- sowie Sport- und Abenteuertourismus, ein enormes Potential, welches es auszuschöpfen gilt. Ähnliches gilt für den Strandurlauber, der beitragen soll die angestrebten Touristenzahlen zu erreichen. Langfristig ist die Kombination beider Ansätze der Schlüssel zum Erfolg. Kreuzfahrttourismus ist ein weiteres Erfolg versprechendes Segment im touristischen Produktportfolio, wie auch der Geschäftstourismus. Ökotourismus und naturnaher Tourismus (Flora und Fauna) sprechen den Nischentouristen an. Die lokale Bevölkerung partizipiert an der touristischen Entwicklung durch sog. „Family Holiday Villages“, ein sozialer Ansatz, der Urlaub ermöglichen und zusätzliches Einkommen für die lokale Bevölkerung generieren soll.

Priorisierte Aktionen für eine touristische Entwicklung
Die Etablierung einer vollständigen Infrastruktur ist entscheidend für eine zukünfitge erfolgreiche Entwicklung des Tourismus. Gute Erreichbarkeit zu Land und Luft und die Möglichkeit zwischen verschiedenen Beherbergungsformen and Qualitätsstandards in der nahen Zukunft wählen zu können, sind ebenso notwendige Voraussetzungen. Allgemein sind die Standards in den Innenstädten, Flughäfen, Busbahnhöfen und Taxiständen zu verbessern und ein reibungsloser Ablauf zu garantieren. Die Renovierung der wertvollen historischen Baustruktur und die Belebung der Innenstädte schaffen nicht nur Vorteile für Touristen, sondern auch für die lokale Bevölkerung. Ähnliches gilt für die Aufwertung der Nationalparks durch geeignete Erlebnis-Wanderwege und Beschilderungssysteme.

Marketing und Distribution der Destination Madagaskar und ihrer Produkte
Effizientes Destinationsmarketing und Werbeaktivitäten sind geplant um das Bewusstsein der potentiellen Touristen, Reiseveranstalter und Reisemittler für Madagaskar als neue Destination zu wecken. Ein erster Schritt ist die gemeinschaftliche Vermarktung mit bereits bekannteren Destinationen in der Region (z.B. Mauritius, Reunion, Südafrika). Das „Office National du Tourisme de Madagascar“ (ONTM) ist das ausführende Organ und verantwortlich für alle diesbezüglichen Aktivitäten.
Eine exklusive Distributionsstrategie verhilft Madagaskar dazu mit ausgewählten Nischen- und qualitativ hochwertigen Reiseveranstaltern zu arbeiten, die von vornherein Massentourismus ausschließen.

Institutioneller Rahmen
Wie schon oben erwähnt, wird das ONTM Marketing- und Distributionsaktivitäten übernehmen und als das nationale Tourismusbüro fungieren. Die Rolle des Ministeriums für Kultur und Tourismus wird gestärkt, seine Aufgaben bestehen u.a. in der Entwicklung effizienter und pragmatischer gesetzlicher Rahmenbedingungen. Neben dem bereits existierenden gesetzlichen Rahmen sind weitere spezifischere Regelungen zu implementieren, um die touristische Entwicklung nachhaltig auszurichten.
Um touristische Investoren professionell betreuen zu können, wird die Organisation eines „Tourism Investors’ Relation Office“ (TIROM) vorgeschlagen, welches dem Investor aus einer Hand die notwendigen Informationen und Hilfestellungen schnell und unkompliziert bietet.

Arbeitsmarktentwicklung für den Tourismussektor
Madagaskar benötigt ein vollständiges qualitativ hochwertiges touristisches Ausbildungs- und Weiterbildungssystem auf dem die Tourismusentwicklung basieren kann. Dadurch ist der Tourismus ein wichtiges Instrument um die Unterentwicklung in Madagaskar zu bekämpfen. Der Anteil der tourismusbezogenen Arbeitsplätze soll bis 2014 auf 30% steigen. Damit werden ca. 34.000 neue Arbeitsplätze im Land geschaffen, weitere 100.000 in tourismusnahen Industriesektoren. Dies kann nur durch eine hochwertige Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor erfolgen. Zur Erreichung der oben genannten Zahlen soll das in Deutschland und der Schweiz verwendete 3-stufige Ausbildungssystem beitragen (Lehre, Tourismusfachschule, Studium).

Investitionen im Tourismus
Ein erster Anlaufpunkt für Investoren ist das oben schon erwähnte TIROM. Dieses wird helfen, die derzeit noch kaum internationalen Standards entsprechenden Regelungen für Investoren zu verbessern. TIROM wird als Teil des sog. bereits bestehenden GUIDE (Guichet Uniques des Investissement et du Développement des Entreprises) etabliert und bietet dem Investor Serviceleistungen aus einer Hand für seine touristischen Investitionen.
Daneben werden in Madagaskar Investitions-Zonen für die touristische Entwicklung etabliert, um eine ausgeglichene touristische Entwicklung zu garantieren. Dabei werden z.B. verschiedene Steuernachlässe oder freie Visa und Arbeitserlaubnisse abhängig von der einzelnen Zone vergeben. Hinzu kommen Anreize für Projekte, die auch die soziale und natürliche Umwelt einbeziehen, da dadurch die nachhaltige Entwicklung Madagaskar’s gefördert wird.


Es kann nicht abgesprochen werden, dass Madagaskar ein außerordentliches Potential für eine touristische Entwicklung besitzt. Dieses erfolgreich zu nutzen und die Fehler anderer touristischer Destinationen zu vermeiden, z.B. die Zerstörung der eigenen Kultur und Artenvielfalt, haben höchste Priorität. Die Weichen dafür sind gestellt. Das Land wartet förmlich darauf sich Besuchern in seiner ganzen Vielfalt präsentieren zu dürfen.
Auch Ihnen?!